Sunrise erhöht den Druck auf Swisscom-Preise
Die Post hat für die Grundversorgung zu hohe Kosten verrechnet. Den gleichen Vorwurf richtet in der Telekommunikation Sunrise an die Ex-Monopolistin Swisscom – und gleist politischen Widerstand auf.
Von Nicole Kircher
Bei der Post liegen die Zahlen auf dem Tisch: Eine Studie im Auftrag der Post-Regulierungsbehörde kam diese Woche zum Schluss, dass der Service Public pro Jahr nicht 400 Millionen Franken kostet, sondern bloss die Hälfte.Ein ähnlicher Streit ist in der Telekommunikationsbranche in vollem Gang. Die Swisscom hält hier die Konzession zur Grundversorgung. Sunrise moniert, dass die Ex-Monopolistin ihre diesbezüglichen Kosten nicht offen legt: «Wir kritisieren, dass Swisscom nicht in aller Transparenz klarmacht, zu welchen Konditionen sie sich selbst Zugang zum Netz gibt und damit einen wirkungsvollen Wettbewerb verhindert», so Sunrise-Kommunikationschef Dominique Reber.
Die Quittung dafür sei, dass Telekommunikationsleistungen in der Schweiz bis zu dreimal teurer seien als in Europa. Konkret wird über den Preis für eine Anschlussleitung gestritten (der Leitung von der Ortszentrale in die Haushalte, der letzten Meile also). Die Swisscom verlangt von der Konkurrenz für einen Anschluss Fr. 33.40 pro Monat. Privatkunden zahlen dafür den regulierten Preis von Fr. 25.25.
Diese 33 Franken seien viel zu viel, sagt Sunrise-Chef Christoph Brand. Er fordert: «Der Preis müsste ähnlich hoch sein wie in Europa – das wäre etwa die Hälfte.» Sunrise hat deshalb – samt acht weiteren Firmen – bei der Kommunikationskommission (ComCom) Beschwerde eingelegt. ComCom-Präsident Marc Furrer wird voraussichtlich im Juni einen Preis festsetzen. Er bestätigt, dass der Preis für einen Anschluss in Europa «im Schnitt zwischen 15 und 20 Franken» liege.
Man habe sich nicht verrechnet, erklärt dagegen Swisscom-Sprecherin Myriam Ziesack. Sie räumt aber ein, dass man zur Berechnung der Kosten für einen Teilnehmeranschluss Faktoren benutze, die von der Regulationsbehörde verändert worden seien. Übernehme man diese Parameter auf den Teilnehmeranschluss, bestehe ein gewisser Spielraum. «Zudem betreiben wir mehr Infrastruktur als andere Anbieter und investieren jedes Jahr über eine Milliarde Franken in den Netzausbau und in neue Technologien», so Ziesack.
Deshalb schlage Swisscom einen runden Tisch vor, um mit den Wettbewerbern «Verständnis zu den wichtigsten Kostenelementen herbeizuführen» und die Chancen für eine Einigung in den zahlreichen Streitfällen zu erhöhen. Sunrise allerdings möchte an einem runden Tisch nicht über die Preisfestsetzung sprechen, sondern über die Schaffung eines transparenten Zugangs zum Netz.
Für die Kunden bedeutet das ewige Seilziehen vor allem eins: Im internationalen Vergleich verfügt unser Land zwar über eine der weltbesten Telekominfrastrukturen. Dafür gehört die Schweiz aber tatsächlich zu den teuersten Ländern.
Um endlich Bewegung in die festgefahrene Situation zu bringen, wird Sunrise nun verstärkt politisch aktiv. So fordert sie etwa die Gründung einer unabhängigen Netzgesellschaft, einer so genannten Kabel und Schacht AG. Dort sollen alle Anbieter zu gleichen Konditionen ihre Leistungen beziehen.
Die Gesellschaft würde weiterhin der Swisscom gehören. Diese müsste den anderen Anbietern aber gleiche Konditionen beim Zugang gewähren wie sich selbst. Reber begründet: «Niemand würde verlangen, dass zwei Strassennetze gebaut werden. Genauso ist es unsinnig, zwei Kupfernetze oder Röhrennetze für die Telekommunikation zu bauen. Heute ist die Regelung aber so ausgestaltet.»
Ein Unding ist eine abgespaltete Netzgesellschaft naturgemäss für die Swisscom. Man müsse die Investitionsanreize aufrechterhalten, argumentiert sie. Diese Anreize seien bei einer Netzgesellschaft nicht mehr gegeben. Skeptisch ist auch Regulator Furrer. «Wenn man eine solche Netzgesellschaft gewollt hätte, hätte man sie bereits vor 10 Jahren bei der Liberalisierung machen können.» Damals habe sich die Politik von einem Infrastrukturwettbewerb das grösste Angebot zu den besten Preisen erhofft.
Sunrise sieht für ihre Idee dennoch gute Chancen. Entsprechende Vorstösse im Parlament sind bereits aufgegleist und sollen in der Frühjahrs- oder spätestens in der Sommersession thematisiert werden. Zudem hofft man bei Sunrise auf die neu zusammengesetzte Landesregierung: «Der Bundesrat könnte über die strategischen Ziele für die Swisscom rasch und elegant den Wunsch des Parlaments nach mehr Wettbewerb umsetzen. Schliesslich kann niemand gegen Transparenz sein.»
(mz/sak)
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