vendredi 15 février 2008

Handelszeitung - Frontalangriff auf Swisscom

Handelszeitung - Frontalangriff auf Swisscom

TELEKOMMUNIKATION

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Frontalangriff auf Swisscom

Sunrise lanciert ein neues Angebot zum Tiefstpreis, bei dem sie für jeden Kunden drauflegt. Das Ziel: Deutliche Kundengewinne auf Kosten von Swisscom. Auch Tele2 will den Wettbewerb in der Schweiz jetzt ankurbeln.


Michael Kuhn

Handelszeitung 12.02.2008


Sehen Sie dazu auch unser Online-Dossier unter
www.handelszeitung.ch/telekom

Sunrise will es wissen. Kann der Schweizer Telekommarkt bewegt werden? Um das herauszufindern, greift die Tochter des dänischen TDC-Konzerns zur Brechstange. Ab dem 19. Februar bis vorerst 30. April 2008 gibt es den Internet- und den Festnetzanschluss zusammen mit einem Mobilfunk-Abo inklusive Handy für 80 Fr. im Monat. Und das auf Lebenszeit.

Für den Kunden «ein sehr gutes Angebot», konstatiert Ralf Beyeler vom Vergleichsdienst Comparis. Betriebswirtschaftlich dagegen ist es ein Spiel mit dem Feuer. Denn jeder Kunde bedeutet ein Loch in der Kasse. Schätzungsweise mehr als 35 Fr. pro Abonnement und Monat muss Sunrise draufzahlen. Multipliziert man diesen Betrag mit der angestrebten Kundenzahl von mehreren hunderttausend, resultiert ein jährliches Minus von mehreren Millionen Franken.

Ein Befreiungsschlag

Alexandra Reich, Bereichsleiterin Privatkunden bei Sunrise, spricht denn auch von «einem Risiko» (siehe «Nachgefragt»). Eines, das Sunrise aber eingehen muss; und sich notabene selbst aufgedrängt hat. Seit Monaten fordert sie bessere Wettbewerbsbedingungen in der Schweiz und klagt über die Dominanz von Swisscom. Sie musste sich auf der anderen Seite Kritik gefallen lassen, dass das heutige Umfeld sehr wohl auch Chancen böte, man müsste sie nur packen. Sprich: Investieren. Das macht Sunrise jetzt. Alleine um das neue Angebot zu bewerben, wird sie mehrere Millionen Franken springen lassen - ein für das Unternehmen grosser Betrag.

Alternativen gibt es kaum. Seit Jahren verliert Sunrise im Festnetz-Segment Kunden, im Mobilfunk ist Stillstand. Die Telekom-Zauberformel 60/20/20 - die Ziffern stehen für die Marktanteile von Swisscom (Umsatz 2006: 9,7 Mrd Fr.), Sunrise (2 Mrd Fr.) und Orange (1,8 Mrd Fr.) - blieb trotz kleinen Verschiebungen unangetastet. Das Preishammer-Angebot ist deshalb in erster Linie ein Befreiungsschlag. Sunrise-intern heisst es denn auch: «Wenn das nicht funktioniert, was dann?» Sollte Sunrise mit ihrer Offensive ins Leere laufen, wäre der Schaden gross. Denn einen Plan B gibt es nicht.

Preiskrieg mit Schmerzen

Erst mal aber ist ein Preiskrieg lanciert, wie ihn der Schweizer Telekommarkt noch nicht gesehen hat. Und der vor allem Swisscom Kopfzerbrechen bereiten wird. Denn auf ihre Kunden zielt das Sunrise-Produkt. Sie sollen das Paket mit Fixnetz-Anschluss, Mobiltelefonie und Internet zum Wettbewerber zügeln. 70% aller Kunden sollen solche sein, die bisher über die Konkurrenz telefonierten. 30% wären Eigenkunden.

Ob die Rechnung für Sunrise am Schluss aufgehen wird, ist mehr als ungewiss. Zwar könnten laut Beyeler von Comparis mit dem neuen Tarif «fast alle, die telefonieren und einen Festnetzanschluss haben, Kosten sparen». Doch ein Preisvorteil alleine ist für viele Konsumenten kein Argument. Das haben zehn Jahre Liberalisierung gezeigt.

Sunrise wagt ein Experiment. Eines, das dort unbefristet gilt, wo Sunrise bereits entbündelt hat. Und im Rest der Schweiz auf knapp drei Monate befristet ist. Mehr Zeit bleibt Sunrise auch nicht. Denn vom Frühling bis zum Ende der Euro 08 wird Swisscom die Schweiz mit Werbung überrollen. Da hat es keinen Platz mehr für Schnäppchenangebote der Konkurrenz.

NACHGEFRAGT
«Wir gehen mit dieser Strategie ein Risiko ein»

Eine «freundliche Revolution» im Schweizer Telekommarkt will Alexandra Reich, Bereichsleiterin Privatkunden bei Sunrise.

Geht es Sunrise bereits so schlecht, dass Sie mit Dumpingpreisen neue Kunden locken?

Alexandra Reich: Überhaupt nicht. Im Gegenteil: Wir wollen nicht jammern, wir handeln. Wir zeigen, dass es wirklichen Wettbewerb in der Schweiz geben kann.

Aber offensichtlich nur, wenn man die Kundinnen und Kunden kauft.

Reich: Wir kaufen niemanden. Die Konsumenten haben nun endlich mal ein revolutionäres Produkt zur Wahl, das es bisher in diesem Land noch nicht gab.

Für das Sunrise aber tief in die Taschen greifen muss.

Reich: Es stimmt, unsere Margen optimieren wir damit nicht (lacht). Unter dem Strich fällt das Ergebnis negativ aus. Wir gehen mit dieser Strategie ein Risiko ein, dessen sind wir uns bewusst. Aber wir glauben an den Schweizer Markt, und daran, dass wir deutlich mehr Kunden gewinnen können.

Auf Kosten von Swisscom.

Reich: Wir wollen eine freundliche Revolution. Wir greifen Swisscom nicht an. Diese macht einen ordentlichen Job. Und wir müssen einen besseren machen, um Marktanteile zu gewinnen.

Um die bestehenden Marktanteile zu bewegen, müssten Sie mit Ihrer neuen Offensive mehrere 100000 Kunden gewinnen.

Reich: Wir wollen und werden Marktanteile gewinnen. Dazu benötigen wird tatsächlich eine grosse Zahl neuer Kunden.

Sie wollen ernsthaft mehrere 100000 Kunden in nur drei Monaten gewinnen?

Reich: Wir setzen alles daran, unser Ziel zu erreichen. Eine Bilanz können wir im Sommer ziehen.

Tele2-Chef Mats Tilly will so rasch wie möglich eine UMTS-Lizenz

Wo Mats Tilly für den Telekomkonzern Tele2 im Einsatz war, wurde kräftig investiert. So etwa in Kroatien. Dort amtete der 42-Jährige von 2005 bis 2007 als CEO. Gleiches geschieht nun in der Schweiz: Bislang hat der schwedische Konzern über 100 Handy-Antennen erstellt. Und mehrere hundert werden dieses und nächstes Jahr noch folgen. Die Investitionen belaufen sich laut Schätzungen auf Dutzende Millionen Franken. Damit nicht genug: Tilly will den helvetischen Markt auch mit Breitbanddiensten aufmischen.

«Mittelfristig brauchen wir ein mobiles Breitbandnetz», sagt er im Interview mit der «Handelszeitung». Der Grund dafür liegt auf der Hand, ist Tele2 hierzulande doch der einzige Mobilfunkinfrastruktur-Anbieter ohne UMTS-Lizenz. Eine solche ist nötig, um Antennen der dritten Generation zu errichten. Damit kann die Geschwindigkeit des Datenverkehrs im Vergleich zum heutigen GSM-Standard von Tele2 massiv erhöht werden. «Mit UMTS können wir mobiles Internet anbieten und mindestens 1,5 Mio Kunden erreichen.» Das entspräche einem Marktanteil von 20%.

Angesichts der wenigen zehntausend heutigen Handy-Kunden ein sehr ambitiöses Ziel. «Das ist es», bestätigt Tilly, «aber wird sind überzeugt, dass das mobile Breitbandgeschäft massiv wachsen wird.» Deshalb will sich der Schwede für die ungenutzte Lizenz der spanischen Telefónica bewerben. Tilly sieht Tele2 als «gut positioniert, diese Lizenz zu erhalten». Sollte der Regulator die Lizenz dereinst im Auktionsverfahren anbieten, dürften die Chancen für einen Zuschlag tatsächlich sehr gross sein. Ausser Tele2 wird sich kaum eine Firma auf einen teuren Konkurrenzkampf mit Swisscom, Orange und Sunrise einlassen wollen.

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