vendredi 15 février 2008

Handelszeitung - «Der Wettbewerb ist unfair»

Handelszeitung - «Der Wettbewerb ist unfair»

Tele2-Chef Mats Tilly will so rasch wie möglich eine UMTS-Lizenz

Wo Mats Tilly für den Telekomkonzern Tele2 im Einsatz war, wurde kräftig investiert. So etwa in Kroatien. Dort amtete der 42-Jährige von 2005 bis 2007 als CEO. Gleiches geschieht nun in der Schweiz: Bislang hat der schwedische Konzern über 100 Handy-Antennen erstellt. Und mehrere hundert werden dieses und nächstes Jahr noch folgen. Die Investitionen belaufen sich laut Schätzungen auf Dutzende Millionen Franken. Damit nicht genug: Tilly will den helvetischen Markt auch mit Breitbanddiensten aufmischen.

«Mittelfristig brauchen wir ein mobiles Breitbandnetz», sagt er im Interview mit der «Handelszeitung». Der Grund dafür liegt auf der Hand, ist Tele2 hierzulande doch der einzige Mobilfunkinfrastruktur-Anbieter ohne UMTS-Lizenz. Eine solche ist nötig, um Antennen der dritten Generation zu errichten. Damit kann die Geschwindigkeit des Datenverkehrs im Vergleich zum heutigen GSM-Standard von Tele2 massiv erhöht werden. «Mit UMTS können wir mobiles Internet anbieten und mindestens 1,5 Mio Kunden erreichen.» Das entspräche einem Marktanteil von 20%.

Angesichts der wenigen zehntausend heutigen Handy-Kunden ein sehr ambitiöses Ziel. «Das ist es», bestätigt Tilly, «aber wird sind überzeugt, dass das mobile Breitbandgeschäft massiv wachsen wird.» Deshalb will sich der Schwede für die ungenutzte Lizenz der spanischen Telefónica bewerben. Tilly sieht Tele2 als «gut positioniert, diese Lizenz zu erhalten». Sollte der Regulator die Lizenz dereinst im Auktionsverfahren anbieten, dürften die Chancen für einen Zuschlag tatsächlich sehr gross sein. Ausser Tele2 wird sich kaum eine Firma auf einen teuren Konkurrenzkampf mit Swisscom, Orange und Sunrise einlassen wollen.



«Der Wettbewerb ist unfair»



Der Schweiz-Chef von Tele2 fordert mehr Staatseingriffe in den Telekommunikations-Markt. Ohne spiele der Wettbewerb nicht.

Interview: Michael Kuhn
Handelszeitung 11.02.2008


Tele2 hat eigene Mobilfunkantennen in der Schweiz, aber niemand weiss wie viel. Lüften Sie das Geheimnis?

Mats Tilly: Wir kommunizieren keine Zahlen. Wir sind noch immer am Anfang unseres Roll-Outs. Unsere Kunden profitieren von einer nationalen Abdeckung, welche wir dank unserem Roaming-Abkommen mit Sunrise gewährleisten können. Wir werden jedoch bis Ende Jahr eine komplette eigene Abdeckung der fünf grössten Schweizer Städte haben. Und in fünf bis sechs Jahren wollen wir rund 80 % der Bevölkerung mit unserem eigenen Netzwerk versorgen. Das ist unser Plan.

Der Ausbau ist im Plan?

Tilly: Ja, das ist er. Anfangs hatten wir kleinere Probleme. Aber jetzt sind wir bereits schon weiter fortgeschritten, als wir geplant hatten. Der Ausbau in diesem Jahr geht zügig voran.

Einzelne Mobilfunkantennen stehen bereits in Luzern und in anderen Städten.

Tilly: Ja, das stimmt, wir haben unseren Aktionsraum ausgeweitet. Zurest haben wir uns auf die in der Konzession vorgeschriebenen Auflagen konzentriert und diese erfüllt. Jetzt haben wir jedoch grössere Ambitionen und wollen 80 % der Bevölkerung mit unserem eigenen Netzwerk versorgen. Diese Investition gibt uns in der Zukunft grössere Unabhängigkeit und erlaubt es uns, noch attraktivere Preise anzubieten.

Sie bei Ihren Aussagen so zögerlich. Warum?

Tilly: Es ist nicht alles in Stein gemeisselt ist. Falls wir in Zukunft bessere Konditionen für ein nationales Roaming aushandeln können, wäre es möglich, dass wir weniger Antennen bauen werden. Wir bauen die Antennen ja nicht aus Spass, sie kosten eine Stange Geld.

Weshalb sollte Swisscom, Orange oder Sunrise Ihnen ein besseres Angebot machen?

Tilly: Das ist eine hypothetische Frage. Zuerst möchte ich betonen, dass wir mit der Zusammenarbeit mit Sunrise sehr zufrieden sind und uns eine längerfristige Kooperation gut vorstellen können. Theoretisch sind wir für alle Anbieter ein attraktiverer Partner, je mehr Kunden wir haben und damit das Volumen erhöhen. Es liegt an uns. Wenn wir keinen Vertrag abschliessen können, sind wir zu wenig erfolgreich. Wenn wir unser Ziel von 1 Million Kunden in sechs Jahren erreichen, dann steht einer Zusammenarbeit kaum etwas im Weg.

Derzeit sind demnach keine Gespräche über ein neues Roaming-Abkommen im Gang.

Tilly: Nein.

Wie viele Kunden im Mobilfunkbereich hat Tele2 derzeit?

Tilly: Wir geben keine Zahlen bekannt, aber die Kundenzahl ist noch immer klein.

Also immer noch weniger als 100000.

Tilly: Wie gesagt haben wir heute noch immer einen relativ kleinen Marktanteil.

Wer ist dafür verantwortlich?

Tilly: Der Grund liegt in der Geschichte von Tele2 in der Schweiz. Bei unserem Markteintritt haben wir uns auf das Festnetz und den Internet-Markt konzentriert. Erst jetzt haben wir unsere Strategie geändert und fokussieren auf den Mobile-Markt, in welchen wir auch investieren. Die Gründe sind klar: Wir haben noch lange nicht die Marken-Aufmerksamkeit und die Preis-Führerschaft, die wir benötigen. An beiden Themen arbeiten wir. Wir sind derzeit immer noch in der Planungsphase.

Wie viel will und wird Tele2 in den nächsten fünf Jahren in der Schweiz in ihr Mobilfunknetzwerk investieren?

Tilly: Wir geben im Moment keine Zahlen bekannt.

Wie zufrieden sind Sie über alles gesehen mit der Regulierung des Telekommunikationsmarktes in der Schweiz?

Tilly: Meinen Sie das Fixnetz- und Internet-Geschäft? Das ist sehr schwierig zu beurteilen, da es gar keine richtige Regulierung gibt (lacht). Im Ernst: durch das Fehlen der ex-ante Regulierung kennen wir die Konditionen für den Marktzugang nicht und dies verunmöglicht es uns Geschäftsmodelle zu kalkulieren. Bevor unsere Aktionäre investieren, wollen sie die Marktchancen wissen, sonst investieren sie in andere Märkte. Leider basiert das Schweizer System auf der ex-post Regulierung und so lange dies so ist, wird der Wettbewerb nicht effektiv sein. Dies ist einer der Gründe, weshalb wir in den Mobilfunk investieren. Da ist unsere Unabhängigkeit grösser.

Was fordern Sie?

Tilly: Wenn die Schweizer Politiker und die Bevölkerung einen fairen Wettbewerb im Fixnetz- und Internetmarkt und damit noch tiefere Preise wünschen, müssen mehr und nicht weniger ex-ante Entscheidungen gefällt werden. Aber es scheint mir, dass dem nicht so ist.

Ihre Erklärung dafür?

Tilly: Ich will nicht darüber urteilen, da ich kein Schweizer bin. Aber das Resultat ist, dass wir keinen Wettbewerb zu gleichen Bedingungen haben. Das ist das System der Schweiz.

Aber es gibt Wettbewerb im Telekommunikations-Markt.

Tilly: Ja, den gibt es. Es gibt sehr viele Unternehmen, die um die Gunst der Kunden kämpfen. Aber wie gesagt im Fixnetz- und Internet-Geschäft haben wir keinen fairen Wettbewerb. Es ist für uns als alternativen Operator sehr schwierig zu bestehen, da die Margen sehr klein oder in einigen Fällen gar negativ sind. Die Konditionen, welche uns Swisscom heute anbietet sind komplett unangemessen. Und der Regulator hat nur beschränkte Möglichkeiten einzugreifen. Im Mobilfunk jedoch, da gibt es noch sehr viel Spielraum. Der Wettbewerb ist alles andere als dramatisch.

Wie meinen Sie das?

Tilly: Als ich das erste mal sah, dass Mitbewerber neue Produkte sechs Wochen vor der Lancierung in den Medien ankündigen, traute ich meinen Augen nicht. In den meisten anderen Märkten wäre das nicht möglich: Die Konkurrenz würde die Information sofort nutzen, um am nächsten Tag ein besseres Angebot zu lancieren.

Auch Tele2 profitiert von der Hochpreisinsel.

Tilly: Es stimmt die Marktsituation im Schweizer Mobilfunk ist gut, deshalb sind wir optimistisch. Der Umsatz pro Kunde ist eher hoch und das selbe gilt beim Preisniveau. Viele Leute haben das Gefühl, dass sie für die mobilen Services zu viel bezahlen und genau diese Leute sprechen wir an.

Was fordern Sie vom Parlament?

Tilly: Wenn das Ziel eine echte Liberalisierung des Fixnet- und Internetmarktes ist brauchen wir die ex-ante-Regulierung. Die ComCom ist bereits von Gesetzes wegen unabhängig und trotzdem braucht sie bessere Möglichkeiten als heute, um eingreifen zu können. Wenn sich nichts ändert, bleiben die Marktkonditionen für uns alternativen Anbieter unklar und der Marktanteil des Incumbenten wird weiter steigen.

Sie fordern also mehr Regulierung?

Tilly: Ja, leider. Der Regulator muss die Mittel erhalten, um zu kalkulieren und regulieren und falls notwendig wiederum zu kalkulieren und regulieren – dies ist der einzige Weg, vorwärts zu kommen.

Wird Tele2 unter den derzeitigen Bedingungen überleben können?

Tilly: Das Fixnet-Geschäft wird strukturbedingt abnehmen. Deshalb investieren wir in Zukunft in den Mobilfunk. Wenn wir unser Ziele erreichen, werden wir auch finanziell Erfolg haben. Immer mehr Gespräche gehen über das Mobilnetz und dies sind gute Aussichten.


Handelszeitung de ce 13 février 2008.

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