Der Konkurrenz dreinfunken
Discount-Shopperin: Von Aldi und bald auch Lidl heiss umkämpft. |
Von Andreas Güntert, Daniel Meier
Die Internet-Präsenz ist markiert. Die Geschäftsmodelle sind erprobt. Und jetzt, da der Schweizer Markteintritt von Erzrivale Lidl näher rückt, setzt Aldi Suisse zur Umsetzung neuer Pläne an: In den nächsten Monaten will der Harddiscounter in neuen Geschäftsfeldern Fuss fassen. Konkret sollen hier zu Lande ein Mobilfunk- und ein Digitalfotoangebot etabliert werden. «Aldis Schweizer Anstrengungen», sagt ein Insider, «laufen derzeit auf zwei Dinge hinaus: Stellung festigen, bevor Lidl aufkreuzt. Und die Zahl der Filialen markant erhöhen.»
Mit «Stellung festigen» ist vor allem der Eintritt in Geschäftsfelder gemeint, die Kundenbindung erzeugen. Analog zu Deutschland, wo Aldi unter dem Namen Aldi Talk im Mobilfunk präsent ist, soll auch in der Schweiz «noch im Herbst» ein entsprechendes Angebot lanciert werden, heisst es in Firmenkreisen. In Deutschland arbeitet Aldi mit dem Elektronikunternehmen Medion zusammen; das Mobilfunkangebot zeigt sich im Web unter Medionmobile.de. In der Schweiz seit kurzem registriert: Medionmobile.ch. Den Digital-Fotoservice bietet Aldi in Deutschland unter Aldifotos. de an. In der Schweiz registriert: Aldifotos.ch. Weil Lidl in Deutschland in beiden Feldern ebenfalls aktiv ist, geht es Aldi Suisse wohl darum, hier zu Lande zuerst auf dem Markt präsent zu sein. Von einem solchen Druck will Aldi-Suisse- Sprecher Sven Bradke zwar nichts wissen. Doch die Offensive streitet er nicht ab: «Was in einem Land erfolgreich eingeführt ist, ist auch in anderen Ländern möglich. Weder ein Digitalfoto- noch ein Mobilfunkangebot sind in der Schweiz ausgeschlossen.»
Bald über 50 Aldi-Filialen
Für Ruedi Baer, einen der besten Kenner der Mobilfunkbranche, ist der Markteintritt der Deutschen absehbar: «Aldi sagte von Anfang an, dass man in der Schweiz in den gleichen Bereichen aktiv sein wolle wie in Deutschland, also auch im Mobilfunk.» Aber gerade für dieses Geschäft benötige man eine minimale Anzahl Filialen, sonst funktioniere es nicht, sagt Baer, der die Firma Mobilezone mit 115 Telekomfachgeschäften leitet.
Aldi Suisse vergrössert das Filialnetz derzeit mit Hochdruck. Dieser Tage wurde in Volketswil ZH die 34. Filiale eröffnet, in den nächsten zwei bis drei Monaten kommen neue Läden in Niederlenz AG, Bazenheid SG, Bischofszell SG, Gossau SG, Uznach SG, Kreuzlingen TG und Landquart GR hinzu. Fürs Jahr 2007 rechnet das Frankfurter Detailhandels- Forschungsunternehmen Planet Retail für Aldi in der Schweiz mit einem Umsatz von 400 Millionen Franken in 55 Filialen.
Parallel zum Filialdruck erhöhte Aldi Suisse in den ersten vier Monaten des Jahres die Werbeausgaben massiv und legte ab Mai mit Inseraten in der Sonntagspresse nach. Im Bereich Reisen wird ab August zusätzlich zum derzeitigen zweiwöchentlichen Angebot ein Monatskatalog eingeführt, bestätigt Bradke einen Bericht des Fachmagazins «Schweizer Touristik».
Höchste Priorität aber geniesst die Einführung des Mobilfunkangebots. Aldis Problem: Man trifft auf einen Markt, der den grossen Knall schon im September 2005 erlebt hat. Damals stiegen Migros und Coop ins Handygeschäft ein. Seither schuf das Prepaid-Segment, also die Vorauszahlkarten, einen echten Boom. Per Mitte Juni weist die Migros 360 000 Kunden aus. Damit erhöhte sich die Zahl seit Jahresbeginn nochmals um 20 Prozent.
Aktuell liegt der Minutentarif beim MBudget- Angebot der Migros bei 33 Rappen pro Minute. «Aldi müsste als erster Anbieter unter die Grenze von 30 Rappen pro Minute gehen», sagt Ralph Beyeler. Die Deutschen müssten sich aber auf eine kampfeslustige Migros gefasst machen, glaubt der Telekom-Experte vom Vergleichsdienst Comparis. Beyeler geht davon aus, dass sich der orange Riese von der Swisscom vertraglich hat zusichern lassen, bei jeder Preisrunde sofort nachziehen zu können.
Trotzdem bliebe für einen neuen Anbieter wie Aldi einiges zu holen. Die 600 000 Handy-Kunden von Migros und Coop repräsentieren erst einen Marktanteil von sieben Prozent. Laut Branchenschätzungen nutzen gegen 80 Prozent der Kunden ihr Handy nur für Telefongespräche und SMS. Von neuen Technologien wie schneller Datenübertragung oder Inhaltsdiensten wollen sie nichts wissen. Eine ideale Zielgruppe für eine Firma wie Aldi, die wohl ein Handy-Angebot ohne Schnickschnack in petto hat.
Da der Harddiscounter kein eigenes Mobilfunknetz aufbauen wird, ist er auf die Zusammenarbeit mit einem der drei Schweizer Netzbetreiber angewiesen. Bisher kooperieren die beiden Marktführer Migros und Swisscom sowie die beiden Nummern zwei Coop und Orange. Da liegt eine Allianz mit Sunrise auf der Hand. Sunrise selber mag sich dazu nicht äussern.
Auch Telekom-Profi Ruedi Baer glaubt, dass sich der Harddiscounter und die Nummer drei der Mobilfunker finden könnten: «Am wahrscheinlichsten scheint, dass Aldi mit Sunrise zusammenarbeiten wird.» Dabei schliesst der gewiefte Mobilezone- Chef nicht aus, selbst als Vertriebspartner von Aldi aufzutreten.
AKTIONITIS BEIM BILLIGHEIMER
Autoservice an der Kasse
Trotz selbst verordneter Sortimentskargheit: In jüngster Zeit testen Deutschlands Billigheimer ständig neuartige Aktionen. So bietet etwa Lidl an seinen Kassen in Deutschland Gutscheine für eine Autoinspektion beim Werkstattfilialist A.T.U. an. Tchibo verkaufte Nachhilfeunterricht- Gutscheine, derzeit läuft mit der Hypo- Vereinsbank die Aktion für ein «Girokonto zum Nulltarif». Ziel: Aufmerksamkeit erregen, Leute anlocken, die bei der Sonderaktion zugreifen – und dann den Einkaufswagen mit anderem füllen. Nicht jedes Exklusivangebot aber ist ein Hit: Jüngst bot Lidl als anfangs einziger Verkaufskanal Tickets für Heinos Comeback-Tournee an. Auch wenn der Schlagerbarde dafür an der Lidl- Kasse lächelte: Gemäss «Manager Magazin» setzte Lidl für 50 Konzerte mit 300 000 Plätzen weniger als 10 000 Billette ab.
Aucun commentaire:
Enregistrer un commentaire