In der Ostschweiz wird die neue Migros erfunden
Migros und Denner gehen gegen Aldi und Lidl auf die grüne Wiese
von Andrea Fiedler
Zürich/Gossau - Die Migros geht in die Offensive gegen Aldi und Lidl, mit billig und schnell errichteten Läden ausserhalb der städtischen Zentren ? auf der so genannt grünen Wiese. Für erste Tests an drei Standorten ist die Genossenschaft Ostschweiz auserkoren worden. Recherchen der SonntagsZeitung ergeben, dass konkrete Gespräche mit den Gemeinden Rickenbach bei Wil und Weinfelden laufen.
Offizielle Baugesuche sind noch nicht eingereicht. Doch die Migros will die neuen Läden noch dieses Jahr eröffnen. Das sei ehrgeizig, Einsprachen dürfe es nicht geben, heisst es in den Gemeinden. Bei der Migros will man sich erst äussern, wenn eine Baubewilligung vorliegt.
An jedem der Standorte sollen zwei neue Supermärkte entstehen: eine Migros mit 1500 bis 2000 Quadratmeter Verkaufsfläche und ein Discounter Denner mit rund 500 Quadratmetern.
Dazu kommen rund 100 Parkplätze. Auch bei Denner äussert sich niemand zu dem Vorhaben.
Denner wird auf der vorgesehenen Verkaufsfläche, die dem Durchschnittsladen entspricht, mit dem vollen Sortiment auftreten. Für die Migros ist das schwieriger abzuschätzen, denn die geplante Verkaufsfläche liegt zwischen den Durchschnittsflächen eines M- und eines MM-Ladens, mit 640 beziehungsweise 2300 Quadratmetern.
Sollte der Versuch erfolgreich verlaufen, bedeutete er für die Migros einen Strategiewechsel. Denn das orange M betrachtet sich als Versorger in den Quartieren, Innenstädten und Einkaufszentren. Die grüne Wiese war bisher nicht vorgesehen.
Dort machen sich vor allem die Discounter breit, bisher Aldi, künftig auch Lidl. Die Schweizer Baugesetze lassen zu, dass auf der grünen Wiese im skizzierten Ausmass ohne Umweltverträglichkeitsprüfungen und damit ohne Ärger mit Umweltverbänden schnell und günstig gebaut werden kann. Diesen Vorteil will Migros-Chef Bolliger nicht länger allein den deutschen Discountern überlassen.
Bolliger ist sich aber bewusst, dass der Lebensmittelhandel in der Peripherie Probleme mit sich bringt. Im «SonntagsBlick» räumte er ein, die Stadt- und Dorfzentren würden veröden.
Aldi hat in der Schweiz bisher 850 Millionen investiert
Während Bolliger gegenüber Lidl aufrüstet, scheint man dort den Fuss vom Gas zu nehmen. Der Markteintritt wurde auf nächstes Jahr verschoben, bereits erteilte Baubewilligungen werden verlängert, und einen gesicherten Laden in Genf hat der Discounter für zwei Jahre untervermietet.
Ein Grund für diese Zögerlichkeit ist, dass man bei Lidl sehr genau das Fortkommen von Konkurrent Aldi in der Schweiz beobachtet. Aldi wird ab nächster Woche 66 Filialen und ein Verteilzentrum führen, ein weiteres Logistikzentrum wird im Herbst in Domdidier FR eröffnet, zwei weitere sind in Planung. Fachleute schätzen, Aldi habe bisher für den Eintritt in die Schweiz 850 Millionen Franken investiert. Die Summe dürfte auf 1,5 bis 2 Milliarden klettern, bis die angekündigten 200 Läden eröffnet sind. Dem steht ein Umsatz von rund 10 Millionen Franken pro Jahr und Filiale gegenüber. Angesichts dieser Zahlen dürfte man sich bei Lidl fragen, ob so viel Geld in anderen Märkten nicht besser investiert wäre.
Am Markteintritt von Lidl in die Schweiz wird dennoch kaum gezweifelt. Besonders, weil Lidl-Boss Dieter Schwarz offenbar plant, den Holdingsitz von der Steuerhölle Deutschland ins Paradies Schweiz zu verlegen. Am Hauptsitz von Lidl Schweiz in Weinfelden sind dafür jedenfalls noch zwei Stockwerke frei.
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