vendredi 9 mai 2008

Handelszeitung - Detailhandelsgiganten: «Verhandlungen sind härter geworden»

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Detailhandelsgiganten: «Verhandlungen sind härter geworden»

Man müsse die steigenden Rohstoffpreise akzeptieren, sagt CEO Hansueli Loosli. Parallel zum verschärften Wettbewerb mit Harddiscountern eskaliert auch der Kampf zwischen Coop und den Herstellern von Markenartikeln.


Interview: Gret Heer

Handelszeitung 06.05.2008


Weltweit steigen die Rohstoffpreise. Wird Coop deshalb die Preise erhöhen?

Hansueli Loosli: Wir Detailhändler müssen die steigenden Rohstoffpreise akzeptieren. Aber wir verlangen von jedem Lieferanten, dass er seine Preiserhöhungen transparent macht. Er darf wegen der steigenden Rohstoffpreise seine Margen nicht verbessern. Wir haben auch schon Markenartikellieferanten dabei ertappt und konnten das unterbinden.

Wer waren diese Lieferanten?

Loosli: Das bereinigen wir intern. Wir rechnen, dass die Rohstoffpreise die Lebensmittel über alles gesehen um rund 2% verteuern werden.

Werden Sie die Preise um 2% erhöhen?

Loosli: Nein, weniger als 2%, denn wir können Kosten einsparen.

Wo sparen Sie Kosten ein?

Loosli: Einerseits durch den Einkauf mit Coopernic. Zudem verbessern wir den Logistikkostensatz durch gezielte neue Lieferpläne. Zudem setzen wir auf alternative Beschaffungsverfahren.

Zum Beispiel?

Loosli: Wir führen Auktionen auf einer speziellen Internetplattform durch, indem wir beispielsweise Energy Drinks ausschreiben, und das beste Angebot erhält den Zuschlag. Damit können wir beim Einkauf 5 bis 10% einsparen.

Sie geben einfach den Druck an die Lieferanten weiter und sparen auf diese Weise?

Loosli: Ein gewisser Spielraum besteht auch bei den Lieferanten. Sie müssen genauso flexibel sein wie wir und einen Teil der Rohstofferhöhungen anderswo einsparen, sonst würden am Schluss Preiserhöhungen von 5 bis 10% über das ganze Lebensmittelsortiment resultieren. Damit würden wir garantiert das Marktwachstum bremsen. Deshalb müssen alle Stufen an Kosteneinsparungen interessiert sein.

Wie viel spart Coop durch Coopernic ein?

Loosli: In den letzten Wochen haben wir dank unserer Einkaufsgemeinschaft bei Milchmischgetränken, Teelichtern, Hundefutter, Servietten und Shirts 20% beim Einkauf eingespart. Die Weitsicht, welche wir vor zwei Jahren mit dem Entschluss zur Bildung von Coopernic bewiesen haben, macht sich heute bezahlt.

Was halten Sie davon, dass Preisunterschiede von 10 Rp. bei uns ein Thema sind, während höhere Lebensmittelpreise in der 3. Welt ein existenzielles Problem sind?

Loosli: Lebensmittel müssen in der Tat etwas wert sein, aber wir werden trotzdem auch im Markt gemessen und stellen uns dieser Herausforderung. Aber ich bin überzeugt, dass die Hypes von Preisvergleichen und vom Nachuntendrehen der Preise wegen der Entwicklung bei den Rohstoffen vorbei sind.

Wie lief die Entwicklung 2008?

Loosli: Wir sind deutlich über dem Markt gewachsen und haben den Umsatz ohne Fust bisher um 4% gesteigert. Mit der Übernahme von Fust beträgt das Wachstum über 10%, Carrefour ist dabei nicht mitgerechnet.

Und Ihre Prognose für das ganze Jahr?

Loosli: Wir rechnen ohne Fust mit 3% Umsatzwachstum, sofern der Markt nicht unerwartet einbricht. Die Börsenentwicklung, höhere Benzin- und Lebenmittelpreise könnten sich negativ auf die Konsumentenstimmung auswirken.

Planen Sie nach Carrefour und Fust weitere Übernahmen?

Loosli: Nein, im Moment ist Konsolidierung angesagt. Wir müssen die zwei Schwergewichte sauber integrieren, vor allem was die zwölf Carrefour-Märkte betrifft, die bis Ende Juni umgestellt werden. Fust bleibt ja Fust und ist sehr gut gestartet.

Durch die Übernahmen von Carrefour werden andere Pläne obsolet.

Loosli: Wir ziehen sechs bereits geplante Projekte zurück. Für die nächsten drei Jahre haben wir aber trotzdem drei bis fünf Hyper- oder Supermärkte von über 3000 m2 geplant, die vor allem kleinere Standorte ablösen werden.

Coop hat im Baltikum mit Coopernic die Nummer drei im Detailhandel übernommen. Planen Sie weitere Übernahmen im Ausland?

Loosli: Die Übernahme der IKI-Gruppe in Litauen und Lettland war der erste Schritt, weitere können folgen, aber konkret ist derzeit nichts beschlossen.

Coop besitzt eine enge Partnerschaft mit Rewe. Sind neben der Gastronomieversorgung transGourmet und dem Reisebüro weitere Partnerschaften mit Rewe geplant?

Loosli: Mit transGourmet sind wir in der Schweiz und Frankreich präsent Wir können uns durchaus vorstellen, auch in anderen europäischen Ländern damit tätig zu werden, falls sich im Cash & Carry- oder Foodservice-Geschäft etwas anbietet.

Welche Bedeutung hat der Markteintritt von Lidl für Coop?

Loosli: Er hat auf der Sortimentsseite eine gewisse Bedeutung. Die Produzenten von Markenartikeln müssen sich überlegen, ob sie uns als Vollsortimenter mit allen Produkten ihrer Marke oder aber den Harddiscount mit nur zwei Leaderprodukten vorziehen. Wir werden unser Sortiment auf jeden Fall auch in Zukunft laufend überprüfen, und es ist möglich, dass der Anteil der Eigenmarken wächst.

Ist das eine Drohung an die Lieferanten?

Loosli: Nein. Genauso wie wir frei sind in der Sortimentsgestaltung, ist die Markenartikelindustrie frei in der Belieferung. Die Hersteller sollten aber beim Entscheid, wo ihre Marken distribuiert werden sollen, gut auf das Thema Markenwert achten.

Lindt wird bei Coop und Denner verkauft.

Loosli: Denner ist doch kein Harddiscounter. Lidl ist ein Harddiscounter. Wenn ein Markenartikelhersteller in den Harddiscount geht, muss er damit rechnen, dass er andere Kunden verliert. Das ist der ganz normale Wettbewerb. Klar ist: Lieferanten müssen uns mindestens die gleichen Einstandspreise wie dem Harddiscounter gewähren. Wir sind der grösste Anbieter von Markenartikeln in derSchweiz. Es kann nicht sein, dass wir als Marktführer mit unseren hohen Gegenleistungen höhere Einstandspreise bezahlen sollen als Lidl.

Promarca, der Verband der Markenartikel, kritisiert ihre riesige Nachfragemacht.

Loosli: Wir besitzen im Lebensmittelbereich einen Marktanteil von 21,6%. Dieser Wert ist im internationalen Vergleich völlig normal, schliesslich ist dieSchweiz ein kleiner Markt. Im Übrigen bevorzugen wir den direkten Kontakt mit unseren Lieferanten. Hier zeigt sich: Auch wenn die Verhandlungen wegen des Wettbewerbs auf beiden Seiten härter geworden sind, sie bleiben sachlich und fair. Bei mir hat sich bis heute noch kein Lieferant beschwert, und boykottiert hat uns auch keiner.

Die sind ja auch abhängig von Coop.

Loosli: Nein, gerade multinationale Hersteller sind doch viel stärker als wir. In der Markenartikelindustrie hat schon lange eine Konzentration stattgefunden. Und wenn ich deren Rendite betrachte, liegt diese deutlich über der unsrigen. CarrefourSchweiz hat zum Teil sogar bessere Einkaufskonditionen als wir erhalten, und daran sehen Sie auch, dass es nicht alle Hersteller mit dem Prinzip Leistung und Gegenleistung gleich genau nehmen. Als Schweizer Händler bezahlen wir bei wichtigen international gehandelten Produkten europaweit immer noch zu hohe Preise. Deshalb unternehmen wir unter dem Dach der IG DetailhandelSchweiz politische Vorstösse in den Bereichen Agrarfreihandel mit der EU, Ermöglichung von Parallelimporten und Umsetzung des Cassis-de-Dijon-Prinzips.

In Ihrer Geschäftsleitung sitzt immer noch keine Frau.

Loosli: Aber als VR-Präsidentin bekommen wir 2009 eine Frau. Das ist doch eine positive Erwähnung wert.

Ja, aber Sie haben es verpasst, eine Frau in die Geschäftsleitung zu hieven.

Loosli: GL-Funktionen werden ja eher selten frei. Bei Neubesetzungen hat in den letzten Jahren keine Kandidatin mit der zum Jobprofil passenden Qualifikation zur Verfügung gestanden. Das Beispiel der nominierten VR-Präsidentin zeigt aber, dass Coop Frauen auch in höchsten Führungspositionen fördert und positiv gegenübersteht. Auf der zweiten und dritten Führungsebene haben wir viele Frauen.

Sie sind seit zehn Jahren Coop-Chef. Wann geben Sie das Steuer ab?

Loosli: Vorläufig gefällt es mir und ich bin gesund, aber man kann ja nicht in die Zukunft blicken. Es ist ein Vorteil, wenn ein Chef länger bleibt. Man kann keine Strategie formulieren und dann meinen, in drei Jahren sei alles umgesetzt, selbst in einer schnellen Branche wie im Detailhandel.

Können Sie mir erklären, weshalb es nötig ist, dass Sie länger bleiben?

Loosli: Zum Beispiel mit der Investition in die Nachhaltigkeit 1993. Ich war ja damals ganz neu bei Coop und habe gelernt, wie wichtig es ist, wenn langfristig investiert werden kann. Auch die Idee der Fusionen konnten wir vollziehen, sonst wären wir nicht in der heutigen guten Verfassung. Coop ist eine Genossenschaft und deshalb können wir längerfristig investieren. Wir betreiben keine Gewinnmaximierung und zahlen auch nicht Saläre und Erfolgsbeteiligungen wie andere.

Wie hoch ist Ihr Salär?

Loosli: Die Bruttosaläre der sieben Mitglieder der Geschäftsleitung betrugen 2007 4,1 Mio Fr.; dazu kommt eine Erfolgsbeteiligung von maximal 20%

Im Lebensmittelgeschäft ist kein grosses Wachstum mehr zu holen, aber im NonFood-Bereich. Sehen Sie Möglichkeiten?

Loosli: Wir sind kein Textiler, der eine eigene Kleiderkette will, und auch der Sportbereich ist weniger unser Business. Bei Bau und Hobby, Christ Uhren + Schmuck, Importparfümerie, Interdiscount und Fust wollen wir aus eigener Kraft ausbauen.

Wie wird die Schweizer Detailhandelslandschaft 2012 aussehen?

Loosli: Der Harddiscounter-Kanal wird mehr Bedeutung besitzen und über 4 Mrd Fr. Umsatz erzielen. Ich nehme an, dass Lidl 2009 kommt. Verdrängung und Wettbewerb werden noch weiter zunehmen. Der Wettbewerb ist heute schon hart. Keiner schenkt dem anderen etwas. Das sind spannende Herausforderungen für Coop, und deshalb gefällt mir mein Job so gut.

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