Sunrise will die Swisscom aufsplitten
Netze und Dienste müssten bei der Swisscom getrennt werden. Das fordert Sunrise-Chef Christoph Brand. Bereits wollen Politiker Sunrise Schützenhilfe leisten. Auch die Bundesräte Doris Leuthard und Moritz Leuenberger sollen eingespannt werden. Die Swisscom wehrt sich.
Michael Kuhn
Handelszeitung
08.01.2008
Aus dem Sunrise-Tower in Zürich-Oerlikon wird scharf geschossen. Verbal. Ziel ist der helvetische Branchenprimus Swisscom. Der vom Milliardenkonzern «immer wieder beschworene Infrastrukturwettbewerb zwischen Telefon- und Kabelnetz ist eine Illusion», sagt Christoph Brand. «Die Marktdominanz und das sehr hohe Preisniveau besonders im Festnetzumfeld sollten Schweizer Politikern zu denken geben.» Deshalb fordert Brand: «Trennung von Netz und Diensten der Swisscom.»
Damit würde die Swisscom gezwungen, ihre Festnetzinfrastruktur – Kanäle und Kabel im Boden – in eine separate Einheit oder eine Tochtergesellschaft auszulagern. Diese soll künftig den Unterhalt und den Ausbau des Netzes sicherstellen und allen Marktteilnehmern zu gleichen Kosten zur Verfügung stellen. «So müsste die Swisscom endlich transparent machen, zu welchen Preisen sie selbst auf die Infrastruktur zurückgreift. Das würde einen fairen Wettbewerb ermöglichen.»
Geheimplan oder Plan B
«Weil Sunrise nicht investieren will, möchte sie unser Unternehmen enteignen», wehrt sich Swisscom-Chef Carsten Schloter. Er könne «nur hoffen, dass nicht zu viele auf diese Bemühungen hereinfallen». Die Manager, die heute bei Sunrise für eine Trennung plädieren, «haben noch vor wenigen Jahren bei der Regulierung die gegenteilige Meinung vertreten, als sie an der Spitze der Swisscom waren. Sie sind nicht glaubwürdig.» Gemeint sind neben Christoph Brand als ehemaliger Swisscom-Chefstratege auch Jens Alder, früherer Swisscom-CEO und heutiger Chef der Sunrise-Mutter TDC.
Diese tragen zusammen mit dem ebenfalls ehemaligen Swisscom-Mann und heutigen Sunrise-Strategen Floris Alders die Verantwortung für den aggressiven Sunrise-Stil. Das es dabei nicht bei markigen Worten bleibt, hat das Unternehmen mit mehreren Klagen gegen Swisscom bewiesen.
Auch mit der Forderung nach einer «funktionalen Trennung», wie diese Form der Aufsplittung nach Diensten und Netz im Fachjargon heisst, macht Sunrise ernst. Bereits fanden zwischen Lobbyisten der Sunrise und einflussreichen Politikern aus National- und Ständerat sowie der Bundesverwaltung erste Gespräche statt. Sunrise-intern wie auch von Seiten der Swisscom heisst es, mehrere Ratsmitglieder würden sich für die Idee einer Aufteilung der Swisscom «erwärmen». Der Tenor: Vor allem bürgerliche Politiker sind unzufrieden mit dem aktuellen Kurs der Swisscom. Sie wollen eine rasche Beschleunigung des Wettbewerbs.
Das ist Wasser auf die Mühlen von Sunrise. Sie plant, die Lobbyarbeit in den nächsten Wochen und Monaten massiv zu intensivieren. So will Christoph Brand die Bundesräte Doris Leuthard und Moritz Leuenberger für sei- ne Pläne ebenso gewinnen wie gewichtige Bundesinstanzen. Dazu gehören neben dem Bundesamt für Kommunikation (Bakom) die Kommunikationskommission (ComCom), die Wettbewerbskommission (Weko) wie auch der Preisüberwacher. Die Absicht: «Der Bund als Mehrheitsaktionär könnte den Willen des Parlaments nach mehr Wettbewerb elegant umsetzen und der Swisscom die funktionale Trennung als Ziel vorgeben», sagt Brand. Dies wäre ein eigentliches Husarenstück.
Wahrscheinlicher ist jedoch Plan B: Der Weg über das Parlament. Eine günstige Gelegenheit bietet sich in Bälde: Noch vor Mitte 2008 will Finanzmister Hans-Rudolf Merz einen Bericht zum künftigen Eignerverhältnis des Bundes an der Swisscom im Parlament vorstellen. In die anschliessenden Debatten werden mit Sicherheit auch weitere Begehrlichkeiten und Vorschläge eingemischt.
Das wäre ein optimales Umfeld für Sunrise, Unterstützung für die funktionale Trennung von Netz und Diensten bei der Swisscom zu gewinnen. Und ein Albtraum für Carsten Schloter. «Hier werden zwei Dinge vermischt, nämlich eine mögliche Privatisierung und die langfristige Überlegung, wie man die richtigen Infrastrukturanreize für die Schweiz schafft. Das ist gefährlich», warnt der Swisscom-Chef.
Auch die EU macht Druck
Gefährlich oder nicht, die Diskussion um die Struktur der Swisscom dürfte bald in den nationalen Parlamenten lanciert werden. Und nicht nur dort: Bereits Ende 2007 hat die EU-Kommission unter der Leitung der zuständigen Kommissarin Viviane Reding gefordert, dominante Anbieter nach Netz und Diensten aufzuteilen. Ein Thema, das heuer konkretisiert werden dürfte und in der Schweiz für weiteren Zündstoff sorgen wird.
Sehen Sie dazu auch unser Online Dossier unter www.handelszeitung.ch/swisscom
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