Cablecom feilt am Image
Inseratekampagne soll erboste Fernsehkunden beruhigen
Die Kabelnetzbetreiberin Cablecom will verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. In ganzseitigen Zeitungsinseraten hat sie ihren Fernsehkunden versprochen, noch «auf Jahre hinaus» könnten sie ein breites Angebot an analogen Sendern empfangen. Hintergrund der teuren Imagekampagne: Wütende Kunden, die abgeschaltete Sender vermissen, und die Konkurrenz von Bluewin TV.
Von Christoph Stricker
Gute Vorsätze gehören zum Jahreswechsel wie Champagner und Feuerwerk. Wenn aber Firmen Vorsätze fassen und diese erst noch lautstark verkünden, hat das Seltenheitswert. Vorgemacht hat beides unmittelbar vor dem Jahreswechsel die Cablecom in ganzseitigen Zeitungsinseraten. In allen grösseren Deutschschweizer Tageszeitungen sowie in den Sonntagsmedien erschienen Inserate, in denen sich Konzern-Chef Rudolf Fischer an die «Geschätzten Fernsehzuschauer» wandte.
Cablecom krebst zurück
Unter dem Titel «Wir haben verstanden und lassen ihnen die Wahl» nahm Fischer Bezug auf die Abschaltung analoger TV-Sender, die zu massiven Protesten und Kündigungen von Verträgen bei Cablecom geführt hatten. «Wir haben aus ihren Reaktionen gelernt», schreibt Fischer selbstkritisch. Und das Unternehmen verspricht, es werde «weiterhin auf Jahre hinaus das gewohnte analoge Angebot ins Haus liefern».
Empörung bis ins Bundeshaus
Auf Anfrage von NZZ Online gestand Cablecom-Sprecher Hans-Peter Nehmer ein, die Kabelnetzbetreiberin sei nach den Abschaltungen von den heftigen Reaktionen ihrer Kunden überrascht worden. Das Unternehmen hatte nicht mit so starken Protesten gerechnet. Nicht nur die Kunden zeigten sich empört; der Verlust etlicher analoger TV-Sender wurde sogar zur Staatsaffäre: Medienminister Moritz Leuenberger schaltete sich ein und pfiff die Cablecom zurück. Das Unternehmen begründet die Abschaltungen damit, dass im Netz mehr Platz für das digitale Fernsehen der Zukunft geschaffen werden müsse.
Derzeit verbreitet Cablecom laut Nehmer in allen Regionen durchschnittlich rund 40 analoge TV-Sender. Was die Kabelnetzbetreiberin in ihren Inseraten unter «gewohntem Angebot» versteht, wollte der Firmensprecher nicht quantifizieren. Weniger dürfen es zumindest bis 2009 nicht sein, denn solange besteht eine Abmachung mit dem Preisüberwacher. Zudem legt die Verordnung zum Radio- und Fernsehgesetz eine Mindestzahl von je 25 analogen TV- und Radio-Sendern fest.
Kunden springen ab
Mit der Ankündigung, analoge Sender aus dem Programm zu kippen, hatte Cablecom der Swisscom-Konkurrentin Bluewin-TV kurz nach deren Start im November 2006 einen willkommenen Steilpass zugespielt. Tatsächlich wurde Bluewin TV damals von Anmeldungen überschwemmt, was zu langen Wartezeiten für Neukunden führte. Gleichzeitig verlor Cablecom Kunden. Das lasse sich aber nicht nur auf den Ärger wegen der Abschaltungen zurückführen, redet Nehmer die Kundenverluste schön. Mit Bluewin TV sei ja auch ein neues Angebot entstanden.
Allein im dritten Quartal 2007 kehrten 2100 TV-Kunden mit Analoganschluss Cablecom den Rücken, wie der Firmensprecher sagt. Zwischen von April bis Juni waren es 900 gewesen. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Im Frühjahr hatte Cablecom zahlreiche Sender vom Netz genommen. Gemessen an den 1,55 Mio. TV-Kunden von Cablecom ist die Kündigungsrate allerdings tief. Fürs digitale TV von Cablecom entschieden haben sich bisher gut 215'000 Kunden, wie Nehmer erklärt.
Bluewin TV hat Kosten unterschätzt
An Bluewin TV von Swisscom angeschlossen waren Ende September über 60'000 Haushalte. Die Wartezeit für eine Installation betrage derzeit zwei bis drei Wochen, sagt eine Firmen-Sprecherin. Die Swisscom kämpft beim digitalen Fernsehen via Telefonleitung noch immer mit zu hohen Kosten: Pro neuem Kunden gibt das Unternehmen rund 1300 Franken für Akquisition und Installation aus. Diesen Betrag will Swisscom halbieren und damit den Gewinn verbessern.
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