Angekündigter «grosser Rollout» fand nicht statt
Vom 20. bis 26. Juni trifft sich an der weltweit grössten Luftfahrtausstellung Paris Air Show alles, was in der globalen Luftfahrtindustrie Rang und Namen hat. Die Zeppelin-Firma Stratxx AG aus Kägiswil ist nicht dabei – obschon sie einen «grossen Rollout» ihrer geheimnisvollen Produkte angekündigt hat.
Die ONZ hat vor gut einem halben Jahr ausführlich über die undurchsichtigen Geschäfte der Zeppelin-Firma Stratxx AG in Kägiswil berichtet. Im Einklang mit seiner gewohnten Kommunikationspraxis hat das Unternehmen im Besitz des Iraners Kamal Alavi zu diesen Artikeln geschwiegen. Davor hatte der frühere Obwaldner Wirtschaftsförderer und heutige Stratxx-Marketingleiter Knut Hackbarth versucht, der ONZ jegliche Berichterstattung zu verbieten. Der Firmenname dürfe nur mit Bewilligung des Unternehmens genannt werden, behauptete er allen Ernstes und ultimativ. Als Begründung führte er ins Feld, dass man intensiv dabei sei, einen grossen Rollout an der Paris Air Show 2011 vorzubereiten, an dem die Produkte der Stratxx präsentiert werden sollten. Im Hinblick auf den damit erhofften «Neuheitseffekt», sei man an einer vorgängigen Berichterstattung nicht interessiert.
Keine Kommunikation
Die «intensiven Vorbereitungen des Rollouts» – also der erstmaligen öffentlichen Präsentation der Produkte der Stratxx – liegen mittlerweile mehr als ein halbes Jahr zurück. Und inzwischen ist die weltweit grösste Luftfahrtsmesse in Paris in vollem Gang. Mit dabei die Pilatus Flugzeugwerke AG aus Stans, die Maxon Motor AG aus Sachseln und gegen 30 Zulieferfirmen aus der Schweiz. Entgegen ihrer Ankündigung fehlt hingegen die Stratxx aus Kägiswil. Was ist passiert? Die ONZ hat sich nach den Gründen erkundigt. Die Anfrage per E-Mail blieb unbeantwortet. Der Telefonanruf eine Woche später wurde von der Gegenseite mit einem grusslosen Aufhängen beendet. Zuvor sagte der unhöfliche Stratxx-Marketingleiter Hackbarth aber immerhin: «Nach Ihrem letzten Artikel sind wir an einer Kommunikation mit Ihnen nicht interessiert.» Und, «nein, auch nicht mit einem Kollegen». Diese barsche Reaktion auf die berechtigte Frage nach dem Ausbleiben eines angekündigten Ereignisses setzt die landesunübliche Tradition des merkwürdigen Unternehmens fort: viele leere Ankündigungen und eisernes Schweigen.
Material für Schutzwesten
Auf der Website des Stratxx-Unternehmens sind unter «Latest News» fünf Einträge platziert. Zwei davon aus dem Jahre 2006, je einer aus den Jahren 2007 und 2008 und einer vom Oktober 2010. Der vergleichsweise brandaktuelle Eintrag vom vergangenen Oktober besagt, dass die Stratxx an der «Policetrend 2010», einem eintägigen, nur für ausgewiesene Mitglieder von Polizei- und Sicherheitsbehörden zugänglichen nationalen Anlass im Schiesssport-Zentrum Brünig Indoor «antiballistisches Super-Material» gezeigt hat. Material also, das sich beispielsweise als Polsterung für kugelsichere Schutzwesten eignet. Von Fortschritten über die von der Stratxx als eigentliche Zielprodukte deklarierten Zeppeline zur Stationierung von Kommunikationskomponenten in der Luft und im Weltall ist dagegen nichts zu lesen. Weder auf der Website der Stratxx noch sonst irgendwo im Internet. Niemand weiss, in welchem Entwicklungsstadium die Zeppeline sind, und wie viele bereits verkauft wurden, wenn überhaupt. Die Anzahl der Mitarbeiter scheint entgegen den Ankündigungen nach dem Umzug von Willisau nach Kägiswil zu stagnieren. Darauf weisen die Angaben in den Wirtschaftsinformationsdiensten hin.
Nächtliche Testaufstiege
Statt des nicht erfolgten Rollouts in Paris hat sich die Stratxx offenbar in letzter Zeit, abgeschieden von der Öffentlichkeit, mit weiteren Testaufstiegen von Zeppelinen beschäftigt, die immer nachts erfolgen. Wenn überhaupt. Die einzigen Hinweise auf diese Aufstiege sind die entsprechenden Vermerke auf der amtlichen Tagesliste der Einschränkungen für Piloten von Luftfahrzeugen. In den letzten Monaten hat die Stratxx angeblich mit dem benachbarten Flugplatz eine schriftliche Vereinbarung darüber getroffen, wann und unter welchen Umständen weitere Testaufstiege erfolgen können. Diese Vereinbarung sei aber von der Stratxx noch nicht unterzeichnet. Ebenfalls auf sich warten lässt der von der Stratxx in den letzten Jahren mehrmals angekündigte Bau einer neuen Werkhalle in unmittelbarer Nähe des heutigen, nicht repräsentativen Holz-Altbaus. Immerhin macht die Stratxx immer wieder einmal mit Stelleninseraten auf sich aufmerksam. Soeben abgelaufen ist die Frist für Interessenten an einer Anstellung als CNC-Mechaniker/Polymechaniker oder Mechaniker mit Erfahrung in CNC (Computerized Numerical Control, also computergestützte numerische Steuerung). Gesucht werden Bewerber im Alter zwischen 20 und 30 Jahren.
Gute Noten für die Holding
Auch bei den Wirtschaftsinformationsdiensten ist das verschwiegene Obwaldner Unternehmen mit rund 30 Angestellten ein Thema. Der Wirtschaftsinformationsservice «D & B» hat die Bonität der Stratxx Holding AG neu bewertet. Mit einem «Benchmark D & B Paydex» von 86 liegt die Holding noch immer sechs Punkte über dem Durchschnitt der Branche mit knapp 500 erfassten Mitbewerbern. Doch der Trend während der letzten sechs Monate zeigt abwärts. Die Finanzlage der Holding wird als gut bezeichnet. Das Risiko von Verlusten für Investoren als gering. Allerdings ist die Stratxx Holding nur eine von mehreren Unternehmen des Iraners Kamal Alavi. Die Hauptaktivitäten einschliesslich Mitarbeiterwesen werden über die im Januar 2010 gegründete Stratxx Near Space Technology AG abgewickelt. Die seit Kurzem verfügbare Bonitätseinstufung verleiht auch diesem Unternehmensbereich eine gute Finanzlage und geringes Verlustpotenzial. Der «Benchmark D &B Paydex» steht hier mit 79 zwei Punkte über dem Branchendurchschnitt mit allerdings bloss 17 erfassten Mitbewerbern.
Zahlen zur Zahlungsmoral
Die Zahlungsmoral wird wie folgt dokumentiert: «74 Prozent der Rechnungen werden nicht innerhalb der vereinbarten Zahlungskonditionen beglichen. Diese Aussage stützt sich auf acht verschiedene Rechnungen.» Die Anzahl der aufgelisteten Betreibungen beläuft sich auf eine Pro Jahr. Bilanz und Umsatzzahlen über die Stratxx Near Space Technology AG sind ebenso wenig erhältlich wie Steuerzahlen. Die jüngste Firma im Stratxx-Geflecht ist die am 20. Juli 2010 im Handelsregister eingetragene Swiss Space Sensors Technologies AG mit Kamal Alavi als einzigem Unterschriftsberechtigten. Über sie liegen noch keine Bonitätsinformationen vor. Gemäss Eintrag bezweckt dieses Unternehmen «die Erforschung und Entwicklung von Space- und Near-Space-Sensoren sowie die Herstellung solcher Sensoren zur Nutzbarmachung der Stratosphäre für Kommunikationsdienstleistungen aller Art». Rein theoretisch wäre das weltraumorientierte Unternehmen aus Kägiswil ein attraktiver Aussteller an einer internationalen Luftfahrzeugausstellung. Sofern die Produkte vorzeigereif sind.
Die Paris Air Show
Von Montag bis Sonntag, 20. bis 26. Juni, findet auf dem Pariser Flugplatz «Le Bourget» die 49. Internationale Paris Air Show statt. Sie gilt mit 2000 Ausstellern aus 46 Ländern, gegen 140'000 geschäftlichen und fast 200'000 privaten Besuchern sowie rund 3000 akkreditierten Journalisten als weltweit grösste und wichtigste Luftfahrtausstellung, in deren Verlauf mehr als 140 Flugzeuge und Helikopter präsentiert und im Flug vorgeführt werden. Weil dabei die Piloten oft ans Limit und etwas darüber gehen, um das Publikum zu beeindrucken, kommt es immer wieder zu spektakulären und in der Regel optimal dokumentierten Unfällen – weil immer hunderte von Kameras die Ereignisse festhalten. Über 200 offizielle Delegationen aus 88 Nationen werden in Paris erwartet. Le Bourget – wo die Air Show stattfindet - ist die weltweite Drehscheibe der globalen Luftfahrtindustrie. Auf ihr werden alle neuen Luftfahrzeuge präsentiert, die von internationaler Bedeutung sind. Aus Nidwalden sind die Flugzeugwerke Pilatus mit ihren Bestsellern PC-12, PC-21 und Pilatus-Porter PC-6 in Le Bourget präsent, aus Obwalden die Maxon Motor AG mit ihren marserprobten Komponenten. Auch der Solarflieger «Solar Impulse» ist in Paris zu sehen und Breitling schickt seine neue restaurierte Super Constellation in die Reihen der aktuellen und futuristischen Luftfahrtgeräte. Insgesamt sind mehr als 30 Unternehmen aus der Schweiz an der weltweit grössten Luftfahrtausstellung vertreten. (nwä)
http://www.onz.ch/artikel/104315/
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