Krankenkasse ködert Kunden mit Schweinegrippe
Die Groupe Mutuel empfiehlt wegen der Schweinegrippe den Abschluss einer Zusatzversicherung. Der Konsumentenschutz ist empört. Der Bund sagt, die Grundversicherung genüge.
Heidi Gmür
Die Groupe Mutuel ködert Tausende ihrer Versicherten mit einem «Sonderangebot» zur Schweinegrippe. Konkret preist die Krankenkasse eine «Heilungskosten-Zusatzversicherung» an. In einem Brief schreibt sie: «Die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung garantieren keine vollständige Rückerstattung Ihrer Gesundheitskosten.» Gewisse präventive und therapeutische Leistungen seien nicht gedeckt. Explizit wird auf «spezifische Behandlungen in Zusammenhang mit der pandemischen Grippe (H1N1)», der Schweinegrippe, verwiesen. «Um die Lücken zu schliessen», empfiehlt die Kasse daher, diese Zusatzversicherung abzuschliessen – und so unter anderem von der Kostenübernahme für Impfungen und gewisse Medikamente zu profitieren. Wer rasch zuschlägt, spart eine Monatsprämie.
Dass die Groupe Mutuel mit diesem Angebot suggeriert, man brauche eine Zusatzversicherung, um im Falle der Schweinegrippe einen genügenden Versicherungsschutz zu haben, stösst auf Unverständnis und Kritik.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) betont, dass die Grundversicherung «im Zusammenhang mit der pandemischen Grippe H1N1 einen genügenden Versicherungsschutz bietet». Sie übernehme auch die Kosten für das Medikament Tamiflu, wenn der Patient zu einer Risikogruppe gehört. Das BAG gibt zudem erstmals bekannt, dass «die Impfung für alle kostenlos sein wird».
Von einem «Geschäft mit der Angst» spricht die Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, Simonetta Sommaruga. «Es wird der Eindruck erweckt, dass bei der Schweinegrippe andere Regeln gelten als sonst, dass die üblichen Leistungen nicht durch die Grundversicherung bezahlt werden.» Bereits der Begriff Heilungskosten sei problematisch: «Gerade die Heilungskosten werden vollumfänglich durch die Grundversicherung gedeckt.» Die Stiftung gehe derzeit davon aus, dass das Angebot irreführend sei, und prüfe daher eine Strafanzeige gegen die Groupe Mutuel wegen unlauteren Wettbewerbs.
Sommaruga kritisiert auch die mangelnde Kostentransparenz des Angebots. Tatsächlich gibt die Groupe Mutuel bloss die Kosten bis Ende Jahr an: 23 Franken und 10 Rappen. Erst im Kleingedruckten erfährt man, dass der Vertrag in der Regel erst nach fünf Jahren kündbar ist. Wer die Versicherung abschliesst, muss folglich mit Prämien von total 462 Franken rechnen.
Groupe-Mutuel-Sprecher Yves Seydoux verteidigt das Angebot: «Es ist als Dienstleistung für unsere Kunden gedacht. Sie haben die freie Wahl.»
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