«Der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm», den die deutschen Harddiscounter mit ihrem «brutalen Preiskampf» anrichteten. Dies sagt Migros-Chef Bolliger. Am Ende müssten die Steuerzahler dafür zahlen.
VON PATRIK MÜLLER UND PETER BURKHARDT
So deutlich hat noch kein Schweizer Detailhändler die deutschen Billiganbieter kritisiert. Migros-Chef Herbert Bolliger sagt im «Sonntag»-Interview, dass der Preiskampf 2010 «leider» noch einmal härter werde: «Die Besitzer von Aldi und Lidl werden immer reicher und drücken auf Kosten der Produzenten und Mitarbeiter permanent die Preise.» Das sei «volkswirtschaftlich ganz übel».
Kurzfristig seien die Preissenkungen für die Konsumenten zwar positiv, aber langfristig verheerend: «Der brutale Preiskampf vernichtet ganze Unternehmen und Existenzen.» Insbesondere bei den Bauern werde «noch der letzte Cent rausgewürgt». Auch für die Mitarbeiter sieht Bolliger Gefahren: In Deutschland hätten die Harddiscounter begonnen, «Angestellte mit festen Arbeitsverträgen rauszuwerfen und Leiharbeiter einzustellen, zu einem Stundenlohn von 7 Euro».
Die Migros kann sich laut Bolliger der Preisdrückerei nicht entziehen: «Das schwappt auf die Schweiz über und ist eine ungesunde Entwicklung, die auch hierzulande volkswirtschaftliche Probleme verursacht. Aber was haben wir für eine andere Wahl, als die Preise ebenfalls zu senken?»
Die tieferen Preise sind es denn auch, die die Umsatzentwicklung bei der Migros 2009 gebremst haben. Bolliger: «Unser Umsatz wird etwa auf Vorjahresniveau sein, da die verkauften Mengen zwar höher sind, die Preise aber im Schnitt viel günstiger als letztes Jahr.» Die Teuerung sei im Supermarktbereich bei minus 3 Prozent. Vor einem Jahr seien es noch plus 2,5 Prozent gewesen. «Diese Differenz von 5,5 Prozent können wir auch über mehr Menge nicht wettmachen», sagt Bolliger. Erfreulich: Der mit 84 000 Mitarbeitern grösste Arbeitgeber der Schweiz plant trotz der schwierigen Wirtschaftslage kein Stellenabbau-Programm.
Der von Bolliger kritisierte Detailhändler Lidl baut derweil in der Schweiz kräftig aus – und will im Jahr 2010 rund 300 neue Arbeitsplätze schaffen, davon viele in Teilzeit. Lidl kündigt an, sein Filialnetz um 20 bis 30 Filialen zu erweitern. Mit jeder Filiale entstehen 15 bis 20 neue Arbeitsstellen.
Trotz nach wie vor schlechter Konjunktur gibt es weitere Unternehmen, die nächstes Jahr zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, wie eine Job-Umfrage des «Sonntags» bei 26 grossen Unternehmen ergab. Beim Basler Pharmamulti Roche sind zurzeit 700 Stellen offen, netto sollen 280 zusätzliche Vollzeitstellen geschaffen werden. Roche-Chef Severin Schwan sagt: «Ich glaube, dass unsere Geschäftsaussichten sehr gut sind und dass Basel international ein sehr wettbewerbsfähiger Standort ist.»
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