mardi 4 mai 2010

Getrennt marschieren, vereint kassieren

von Lukas Mäder, Fabienne Riklin - Sie geschäften in die gleiche Kasse, treten aber als Konkurrenten auf: Mediamarkt und Marktneuling Saturn verfolgen eine knallharte Wachstumsstrategie.

Das Herz so manches Technik-Fans schlug heute Morgen höher: es galt einen Samsung LCD TV für 499 Franken zu ergattern. Mit diesem Angebot lockte der deutsche Elektronik-Discounter Saturn neue Kunden um 6 Uhr in der Früh zur Eröffnung einer neuen Filiale in Volketswil. Über 400 mehrheitlich Männer stellten sich in den Morgenstunden in die Schlange, bis heute Abend werden rund 10 000 Personen die Filiale besucht haben, so die Einschätzung von Saturn.

Mit seinen Tiefpreisangeboten konkurrenziert Saturn seit letztem Herbst den Mediamarkt, der seit 15 Jahren auf dem Schweizer Markt präsent ist. Doch Mediamarkt ist keine echte Konkurrenz. Der Elektronik-Discounter gehört wie Saturn zur Media-Saturn-Unternehmensgruppe, die mehrheitlich dem international tätigen Handelsunternehmen Metro-Group gehört.

Von dieser Konkurrenz unter dem gleichen Dach hält der Detailshandelexperte und Wirtschaftsberater Gotthard F. Wangler nicht viel. «Diese Strategie ist sinnlos, da Saturn den Mediamarkt zu kannibalisieren droht», sagt er. Möglicherweise hat auch der langjährige Landeschef von Mediamarkt Schweiz, Guido Renggli, so gedacht, als er nach zwölf Jahren im Amt auf Ende letzten Jahres zurücktrat. Denn konzernintern war die Strategie dem Vernehmen nach umstritten. Und Renggli sei ein Vertreter des Mottos «Lieber eine feste Anzahl von Mediamärkten in der Gewinnzone als immer wieder neue, die sich gegenseitig konkurrenzieren», schrieb das Branchenmagazin «Home Electronic Inside», das den Rücktritt im Herbst publik machten.

Bei konsequenter Wachstumsstrategie sinnvoll

Die beiden Elektronik-Discounter selbst sehen sich nicht als direkte Konkurrenten: «Die zwei Märkte unterscheiden sich durchaus. Saturn steht für eine technik-affine Kundschaft, während Mediamarkt sich mehr nach dem Zeitgeist richtet», sagt Manuela Tröndle, Sprecherin der Media-Saturn-Unternehmensgruppe, zu der Saturn und Mediamarkt gehören.

Für Damian Künzi, Ökonom bei der Credit Suisse, können zwei Fachmärkte im gleichen Konzern sinnvoll sein, wenn eine konsequente Wachstumsstrategie verfolgt wird. «Es ist vielleicht eine gute Möglichkeit, mit Saturn Personen anzusprechen, die nicht Stammkunden bei Mediamarkt sind», sagt er. Deshalb könne sich eine neue Saturn-Filiale für den Konzern unter dem Strich lohnen, auch wenn diese einem etablierten Mediamarkt einige Kunden abwirbt.

In Deutschland unterscheiden sich die beiden Fachmärkte zudem über den Standort: Saturn ist eher an innerstädtischen Standorten vertreten, Mediamarkt bevorzugt die Peripherie. Diese Unterscheidung ist laut Wangler in der Schweiz schwierig. «Die Schweiz ist viel kleinräumiger als Deutschland», sagt er. So konnte Saturn hierzulande bisher noch keine Filiale an bevorzugter Lage eröffnen. Das soll sich im Herbst ändern. Dann will Saturn in der Winterthurer Fussgängerzone eine Filiale eröffnen.

Gemeinsamer Einkauf ist zentral

Die Konkurrenten Mediamarkt und Saturn sind aber auch Partner. So dürfte der Einkauf grösstenteils zentral abgewickelt werden. Denn tiefe Preise erreichen die Discounter über ihre Marktmacht. «Der zentrale Einkauf ist ein wesentlicher Faktor bei Discountern», sagt Künzi von der Credit Suisse. Zudem benötigten Mediamarkt und Saturn die Produkte in so grossen Mengen, dass sie diese mehrheitlich direkt beim Hersteller beziehen müssen. An eine Zusammenarbeit zwischen Mediamarkt und Saturn glaubt auch Wangler: «Ich gehe davon aus, dass es einen gemeinsamen Einkauf gibt.»

Sprecherin Tröndle bestreitet, dass Saturn und Mediamarkt beim Einkauf zusammenspannen. «Wir kaufen separat ein», sagt sie. Saturn profitiere aber durch die Grösse des Konzerns von international günstigen Preisen. Tatsächlich sind die Filialen rechtlich unabhängig und können Angebot und Preise variieren. Doch nicht völlig unabhängig: Der Konzern gebe einen gewissen Preisrahmen vor, sagt ein Insider. Es sei nicht auszuschliessen, dass eine solche Bandbreite für die Preisfestsetzung gar für beide Tochterfirmen, Saturn und Mediamarkt, gelte.

Kein Preisvergleich mehr möglich

Preislich die grösste Konkurrenz für Saturn und Mediamarkt sind aber die Online-Händler (siehe Infobox). Deshalb will auch Mediamarkt ins Internet expandieren. Entsprechende Versuche finden in Österreich und in den Niederlanden statt. Die Schweiz könnte folgen. Bereits heute läuft ein Abwehrkampf gegen die Online-Konkurrenz — nicht nur von Saturn und Mediamarkt. Hersteller würden für Elektrofachmärkte die Bezeichnung gewisser Produkte ändern, sagt ein Kenner der Branche zu 20 Minuten Online. Das gleiche Gerät ist dann unter verschiedener Typenbezeichnung im Handel. Die Möglichkeit das einfachen Online-Preisvergleichs für den Kunden fällt weg.

Onlineshops toppen Saturn und Mediamarkt

Ein Preisvergleich zeigt: Am günstigsten sind Flachbildfernseher, Digitalkameras, Blu-ray-Player, Spielkonsolen und Video-Camcordern bei Onlineshops. Für seine Erhebung hat der Internet-Vergleichsdienst comparis.ch die Preise von den Fachmärkten Saturn, Mediamarkt, Interdiscount und Fust sowie von Onlineshops verglichen.

Die beiden Schwesterunternehmen aus der Media-Saturn-Unternehmensgruppe liefern sich unter den Fachmärkten ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Mediamarkt-Filialen sind bei rund zwei Dritteln der erhobenen Produkte am günstigsten, Saturn-Märkte bei rund einem Drittel. Nach Sortiment unterschieden ist Saturn bei den Fernsehern am günstigsten, Mediamarkt bei den übrigen Produkten. (fr)

Media-Saturn-Gruppe

Saturn gehört zusammen mit Mediamarkt zur Media-Saturn-Gruppe, die wiederum mehrheitlich im Besitz des Handelsunternehmens Metro-Group ist. Mit einem Nettoumsatz von 19 Milliarden Euro und nahezu 60 000 Mitarbeitern im Jahr 2008 ist die Holding die Nummer eins unter Europas Elektronikfachmärkten. Offiziell stehen Mediamarkt und Saturn gegenseitig im Wettbewerb.

Seit letztem Herbst fasst Saturn in der Schweiz Fuss. Im September eröffnete der Elektronik-Discounter einen ersten Markt in Basel. Am Donnerstag folgte ein Geschäft in Volketswil, in einer Woche ist Schönbühl (BE) dran und im Herbst Winterthur. «Wir sind daran weitere Standorte zu prüfen», sagt Sprecherin Manuela Tröndle. Nach Studien von Saturn hat es noch für rund 15 weitere Märkte Platz. (fr)

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